25.09.2018 - Deutsches Gericht kann zur Gerechtigkeit für die 43 verschwundenen Studenten in Mexiko beitragen
Pressemitteilung
Berlin/Stuttgart/Mexiko-Stadt, 25. September 2018
Deutsches Gericht kann zur Gerechtigkeit für die 43 verschwundenen Studenten in Mexiko beitragen
Organisationen fordern strengere Gesetze für Rüstungsexporte
- Deutsches Gericht kann zur Gerechtigkeit für die 43 verschwundenen Studenten in Mexiko beitragen
- Organisationen fordern strengere Gesetze für Rüstungsexporte
- Veranstaltungen (u. a. mit Gästen aus Mexiko) in Stuttgart und Berlin (26. und 27. September)
Der 26. September ist nicht nur der vierte Jahrestag des "Verschwindenlassens" von 43 Studenten in der Stadt Iguala im Bundesstaat Guerrero in Mexiko, es ist zugleich Verhandlungstag im Verfahren gegen das Rüstungsunternehmen Heckler & Koch vor dem Landgericht in Stuttgart. Verhandelt wird der illegale Export von Waffen nach Mexiko, die auch bei einer Polizeiaktion gegen die Studenten von Ayotzinapa zum Einsatz kamen. Leonel Gutiérrez Solano, Bruder des Studenten Aldo Gutiérrez, wird bei der Verhandlung anwesend sein. Aldo Gutiérrez wurde am 26. September 2014 durch einen Gewehrschuss der Polizei so schwer verletzt, dass er seitdem im Koma liegt.
Die Sicherheitskräfte setzten während ihres Einsatzes nachweislich G36-Schnellfeuergewehre aus deutscher Herstellung ein. Mehr als 9.000 solcher Gewehre verkaufte das deutsche Rüstungsunternehmen Heckler & Koch zwischen 2006 und 2009 nach Mexiko. Fast die Hälfte gelangte in Bundesstaaten, die für gravierende Menschenrechtsverletzungen bekannt sind, obwohl Heckler & Koch für diese Bundesstaaten, darunter Guerrero, keine Exportgenehmigung erhalten hatte.
"Der Kleinwaffenhersteller aus Oberndorf verstieß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Außenwirtschaftsgesetz. Ich habe deshalb schon 2010 Strafanzeige gegen Verantwortliche von Heckler& Koch erstattet. Zwei der vier Bundesstaaten, für die es keine Exportgenehmigung gab, werden in den Verträgen sogar ausdrücklich genannt. Das müsste zu einer Verurteilung der Angeschuldigten durch die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart führen", sagt Jürgen Grässlin, Sprecher der "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!" Der Prozess in Stuttgart gegen fünf Angeklagte ist bis Ende Oktober terminiert.
Das Landgericht Stuttgart hat den Angehörigen der Ayotzinapa-Studenten den Zugang als Nebenkläger im Verfahren gegen Heckler & Koch verwehrt. Im Prozess soll es offenbar nur um Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz gehen. "Die deutschen Rüstungsexportgesetze sind dringend reformbedürftig. Betroffene illegaler Waffenlieferungen aus Deutschland müssen ihre Rechte geltend machen können. Deutsche Gerichte müssen ihnen zu Gehör und Gerechtigkeit verhelfen", fordert Christian Schliemann vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR).
Aldo Gutiérrez und seine Familie warten noch immer auf Gerechtigkeit. Bisher wurde in dem Fall niemand zur Verantwortung gezogen: weder die mexikanischen Behörden, die in den Fall verwickelt sind, noch diejenigen, die zuließen, dass die Polizei in Guerrero die deutschen Waffen verwendete, obwohl für diesen Bundesstaat keine Exportgenehmigung vorlag.
"Ein Urteil gegen den Waffenverkauf nach Mexiko würde eine wichtige Botschaft senden, um auch die Aufklärung des Falles durch die Justiz vor Ort anzustoßen", so das mexikanische Menschenrechtszentrum "Miguel Agustín Pro Juárez A.C". "Die Entscheidung deutscher Gerichte könnte nicht nur zu Gerechtigkeit im Fall Ayotzinapa beitragen, sondern auch dazu, dass sich ein solcher Fall nicht wiederholt".
Der Fall Ayoztinapa/Heckler & Koch stellt die Genehmigungspraxis für Waffenexporte der Bundesregierung insgesamt in Frage. "Die Bundesregierung war zum Genehmigungszeitpunkt über die prekäre Menschenrechtslage in Mexiko informiert. Es war schon damals abzusehen, dass es kaum möglich sein würde, den Export der G36-Schnellfeuergewehre auf bestimmte Bundesstaaten zu begrenzen. Wir setzen uns deshalb für ein generelles Rüstungsexportkontrollgesetz ein ", sagt Julia Duchrow von Brot für die Welt.
Pressekontakte:
Jürgen Grässlin, Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel! / GLOBAL NET STOP THE ARMS TRADE, Mob:. 0170-611 37 59; email: jg@rib-ev.de
Dr. Carola Hausotter, Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko, Tel.: 0711 57 64 68 79; email: hausotter@mexiko-koordination.de
Charlotte Kehne, Ohne Rüstung Leben, Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!, Tel.: 0711 62039372, Mob.: 0162 578 42 35, email: orl-kehne@gaia.de
Arite Keller, ECCHR; Tel.: +49 30 69819797; email: keller@ecchr.eu
Narce Dalia Santibañez Alejandre, Centro de Derechos Humanos Miguel Agustín Pro Juárez, Tel.: +52 (55) 5546 6559, email: medios@centroprodh.org.mx
Renate Vacker, Pressesprecherin Brot für die Welt, Tel: 030/652111833, Renate.Vacker@Brot-fuer-die-welt.de
Anlässlich des angesetzten 18. Prozesstags und des vierten Jahrestages der Verbrechen von Iguala laden wir zu folgenden Veranstaltungen mit Gästen aus Mexiko ein:
Stuttgart, 26. September 19.00 Uhr im Hospitalhof, Büchsenstraße 33
Livestream 19 bis 21 Uhr: de-de.facebook.com/DMRKMexiko/
Berlin, 27. September 18.00 Uhr im European Center for Constitutional and Human Rights, Zossener Str. 55-58
www.ecchr.eu/veranstaltung/deutsche-waffenexporte-in-mexiko-heckler-koch-und-der-fall-ayotzinapa/
Livestream 18 bis 20 Uhr: de-de.facebook.com/ecchr.eu/